Rumble in the Kulturbrauerei - Berlin 1993

Zwei Schwergewichte auf dem Höhepunkt ihrer Karrieren! Monatelange Vorbereitung. Auf den Punkt austrainiert. Wille. Kraft. Konzentration. Hier der Champ, da der Herausforderer. Hier der Instinktkämpfer, da der Gentleman-Boxer. Beide mit Kinderboxhandschuhen.


Egal. Sie wollen den Fight! Sie wollen ihn jetzt! Und sie bekommen ihn. Ringrichter Alex L. - im Vorjahr noch unüberwinbarer Keeper von den Sherlocks mit Beinamen "Berliner Mauer" - verliest das Gewicht. Erster Punkt für den Champ. Dann den Kampfrekord - auch hier liegt der Champ vorne!

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Doch Rübe Cremer hat noch eine Faust im Ärmel: Das Publikum! Die zahlreichen weiblichen Fans treiben ihn schon vor dem Kampf zu Höchstleistungen an: Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Dann der Gong!


Der Kampf geht über drei hitzige Runden und er übertrifft sogar noch die hohen Erwartungen. Die frenetischen Fans bekommen alles zu sehen, was dieser Sport zu bieten hat: Nasenstüber und Leberhaken, glasige Augen und blutende Nasen. Nur eines sehen sie nicht: einen k.o.-Sieg. Es bleibt ausgeglichen bis zum Schluß - beide Lager sind vom Sieg überzeugt. Dann der Spruch der Kampfrichter: Unentschieden - der alte Champ ist der neue Champ!


Ein Urteil, das den Herausforderer zutiefst demoralisiert. Kein Protest, keine Kampfansage. Nichts. Frustiert streift er seine Kinderboxhandschuhe ab und - ganz Gentleman - die Manschetten und das Armani-Sakko über, nimmt seinen Zylinder und verläßt mit einer letzten Drohgebärde den Saal.

Was in diesem Moment noch keiner ahnte: der Gentleman boxte nie wieder, feierte aber 12 Jahre später sein Comeback im Boxring - als Sumo-Ringer! (siehe Randsportarten) Champ Tommi Mühlbauer wurde dagegen bereits 10 Jahre nach dem legendären Fight in der Kulturbrauerei wieder herausgefordert - und beteiligte sich damit unfreiwillig an einer der schwärzesten Stunden des Boxsports.

Die Box-Farce - Berlin Watergate 2003

Der Herausforderer in diesem Schauspiel - Kampf kann man es nicht nennen - war Stefan Schober, der Silbernacken vom Stuttgarter Platz. Angetreten mit einem unverhältnismäßig großen Betreuer-Troß, versuchte er schon beim Umziehen, den Champ mit unfairen Winkelzügen zu irritieren. So rief er ständig auf dessen Handy an, ließ es lange klingeln und legte wieder auf. Man muß kein erfahrener Boxer sein, um sich auszumalen, was das für jemanden bedeutet, der allein in der Kabine sitzt und seine Boxhandschuhe schon an hat.

Im Ring dann die Fortsetzung: Kein Angriff seinerseits, nur ständige Fluchtversuche. Zwischendurch permanente Ablenkungsversuche: "Kuck mal, hinter Dir - ein Elefant" oder "Du hast da was zwischen den Zähnen". Trotz mehrfacher Ermahnungen des Ringrichters - übrigens vom WM-Studio-Mitte - ließ sich Schober auf keinen regulären Kampf ein.


Nach drei Runden hatte der Mann mit der Fliege (in diesem Fall ausnahmsweise mit Krawatte) ein Einsehen und brach den auf zwölf Runden angesetzten Kampf ab - unter dem Jubel der gequälten Zuschauer und dem vom Ringgeschehen völlig überraschten Titelverteidiger.


Diese Schwergewichts-Farce erhitzte auch Stunden nach dem Abbruch noch die Gemüter: Fallobst und Schiebung waren die freundlicheren Begriffe für den Herausforderer, der in keiner Phase der drei Runden seinen eigenen Ansprüchen gerecht werden konnte und dessen ständige Ausreißversuche dem alternden Champ nur ein müdes Lächeln abrang. Das Publikum ertrug diesen Betrug am Sport allein durch die beruhigenden Worte des Personals vom WM-Studio Mitte - die Jungs hatten hier ihr Box-Moderations-Debut und waren erschreckt, was in diesem Sport möglich ist!

Es war der letzte Boxkampf, der je im Rahmen des Aktuellen Sportstudios ausgetragen wurde. Und damit ist Tommi Mühlbauer der ewige Champ.